8.4.2025
PROF. DR. PHIL. ANGELO GAROVI
unter Mitwirkung von Patrizio Mazzola am Flügel und Désirée Pousaz Violinistin
KOMPONISTEN UND DAS WALLIS
Die Beziehung zwischen Musik und der Landschaft des Wallis zeigt sich besonders in den Werken jener Komponisten, die durch biografische Spuren, atmosphärische Eindrücke oder Aufführungskontexte mit dem Wallis verbunden sind. Diesen Komponisten war der Vortrag gewidmet. Richard Wagner reiste im Sommer 1852 von Meiringen aus übers Sidelhorn ins Goms nach Obergesteln und weiter via Eschental (Formazza) an den Lago Maggiore. Er zeigte sich vom Wallis und seiner wilden, grossartigen Bergwelt tief beeindruckt. In seinen Erinnerungen beschreibt er die überwältigende Naturerfahrung auf dem Gipfel des Sidelhorns, wohin ihn nur ein „roher unheimlicher Führer" begleitete, mit folgenden Worten: „Ich gelangte zum Sidelhorn, wo ich allein unter heftigem Sturm auf dem Gipfel stand: das Gefühl des völligen Verlorenseins, des restlosen Eins-Seins mit der Natur, war überwältigend.“ Solche Erlebnisse spiegeln sich in späteren Werken wie dem Ring des Nibelungen wider und prägen dort die musikalische und philosophische Tiefe seiner Komposition. Obwohl seine Oper Tristan und Isolde nicht im Wallis entstand, passt das Finale, Isoldes Liebestod, in der Klavierfassung von Franz Liszt zur erhabenen Stille und Einsamkeit der Hochgebirgslandschaft. Franz Liszt selbst bereiste das Wallis im Jahr 1835, begleitet von seiner Lebensgefährtin Marie d’Agoult. Sie reisten von Gletsch kommend durchs Oberwallis weiter nach Sitten und sie hielten sich auch in Visp und Brig auf. Die Eindrücke dieser Reise flossen in seinen Klavierzyklus Années de Pèlerinage ein. Das Stück Mal du pays aus dem ersten Band dieser Sammlung ist eine lyrische Komposition voller Sehnsucht und Melancholie, Empfindungen, die angesichts der weiten Täler und stillen Höhen des Wallis entstehen können. Othmar Schoeck, dessen Musik oft von der Natur seiner Heimat inspiriert wurde, besuchte unter anderem Zermatt. Der dritte Satz seiner Sonate für Violine und Klavier in D-Dur, Allegro con spirito, wirkt wie eine klanggewordene Wanderung: beschwingt und voller Energie, vergleichbar mit einem Tag im Hochgebirge. Paul Hindemith, der ab 1953 in der Schweiz lebte, liess sich in Blonay bei Vevey am Genfersee nieder. Im August 1938 zog er mit seiner Frau Gertrud nach Bluche, einem kleinen Dorf oberhalb von Siders. In einem Brief beschrieb Hindemith die Umgebung seines neuen Zuhauses: „Hinter uns die südlichste Kette der Berner Alpen, gegenüber die riesigen Walliser schneebedeckten Berge und vor uns, weit unten, das Rhonetal, das man etwa 40 km aufwärts verfolgen kann.“ Dieses abgeschiedene Dorf bot ihm die Ruhe und Inspiration, die er suchte. Hindemith konzertierte mehrfach in verschiedenen Schweizer Städten. Sein Werk Ludus tonalis mit Praeludium und Postludium zeigt eine klare Struktur und innere Bewegung, die an eine musikalische Gebirgswanderung erinnert. Darius Milhaud, ein französischer Komponist, reiste häufig durch Europa und besuchte auch das Wallis. Seine Sonatine pastorale pour violon erinnert in ihrer volkstümlichen Leichtigkeit an alpine Szenen, grüne Hänge und klare Luft. Josef Garovi, geboren in Sachseln, wirkte von 1956 bis 1962 in Visp als Musikdirektor, Organist und als Musiklehrer im Wallis. Sein Andante für Klavier spiegelt die lyrische Ruhe und Weite der Walliser Landschaft wider. Eugen Meier, geboren im Kanton Aargau, war von 1962 bis 1999 als Musikdirektor in Visp tätig. Er gründete unter anderem den Walliser Kammerchor und das Oberwalliser Sinfonieorchester. Seine Werke, wie die Skizzen einer Wanderung und die Berceuse für Violine und Klavier, erzählen musikalisch von Wanderungen durch die Walliser Landschaft. Besonders seine Variationen über “Weischus dü?” wirken wie ein traditionelles Walliser Volkslied und verbinden lokale Melodik mit klassischer Formensprache. Alle diese Werke spiegeln das Wallis als Klangraum wider, als Ort der Inspiration, des Rückzugs und der schöpferischen Freiheit. Die Musik lässt die Landschaft hörbar werden: in der Weite eines Akkords, im Echo einer Melodie, in der Stille zwischen den Tönen.
Unser herzlicher Dank geht an den Referenten, Prof. Angelo Garovi, Sohn von Josef Garovi, für seine eindrücklichen musikhistorischen Erläuterungen. Des weitern danken wir den beiden Solisten, Herrn Patrizio Mazzola und Frau Desirée Pousaz für ihre wunderschönen musikalischen Einlagen. Es war zudem eine grosse Freude den anwesenden ehemaligen Musikdirektor und Komponisten, Herrn Eugen Meier und seine Gattin persönlich begrüssen zu dürfen. Der Anlass war deshalb auch ein Ehrenabend und ein Dank für sein Wirken.
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